the sister of Ophelia
117 x 87 cm - acryl - maluntergrund pappe
Es neigt ein Weidenbaum sich übern Bach
Und zeigt im klaren Strom sein graues Laub,
Mit welchem sie phantastisch Kränze wand
Von Hahnfuß, Nesseln, Maßlieb, Kuckucksblumen,
Die dreiste Schäfer derber wohl benennen,
Doch unsre Mädchen Toten-Mannes-Finger.
Dort, als sie aufklomm, um ihr Laubgewinde
An den gesenkten Ästen aufzuhängen,
Zerbrach ein falscher Zweig, und nieder fielen
Die rankenden Trophäen und sie selbst
Ins weinende Gewässer. Ihre Kleider
Verbreiteten sich weit und trugen sie
Sirenen gleich ein Weilchen noch empor,
Indes sie Stellen alter Weisen sang,
Als ob sie nicht die eigne Not begriffe,
Wie ein Geschöpf, geboren und begabt
Für dieses Element. Doch lange währt' es nicht,
Bis ihre Kleider, die sich schwer getrunken,
Das arme Kind von ihren Melodien
Hinunterzogen in den schlammigen Tod.
die Geschichte der Königin vom Tode Ophelias (Hamlet, IV, 7, 167-184)
Ist das jenes Hippokratische Gesicht, der Ausdruck einer Frau, die im Begriff ist, zu sterben? Was sieht diese Ophelia? Den Blick in die Ferne schweifend. Ein Leichentuch über der Augenpartie? Kalter Schweiß, aufgelöst im Wasser, die bleiche Nase. Ja vielleicht, dass sich hinter den Augen der Tod spiegelt. Die Frage nach dem, was sich „darunter“ befindet. Unter dem Tuch, auf dem Grunde der Augen, des Wassers.
Text - Jonas Anders - schauspieler / actor